Sehr geehrter Herr Marder,
ich freue mich über Ihre E-Mail und Ihr Interesse an unserer Meinung. Leider habe ich Ihre Nachricht zu spät gesehen, um Sie noch zur angemessenen Uhrzeit zurückzurufen. Daher verfasse ich Ihnen meine Stellungnahme schriftlich. Sollten Sie dennoch Fragen haben, können Sie mich bis 10 Uhr morgens unter folgender Telefon Nummer 0178/1839495 problemlos kontaktieren. Falls Sie aufgrund Ihrer Terminlage keine Zeit für den Text bleibt, finden Sie am Ende eine Zusammenfassung.
Einleitung
Trotz der nachfolgenden Kritikpunkte zu diesem Thema bin ich der Ampelregierung und dem Einsatz von Herrn Lauterbach für dieses neue Gesetz sehr dankbar, trotz des starken Gegenwinds, den es erfahren hat.
Dennoch bin ich der Meinung, dass dieses Gesetz einfach schlecht geschrieben ist. Man hätte meiner Meinung nach vieles vereinfachen und klarer definieren können, um es realitätsnäher zu gestalten. Zudem hätte man in bestimmten Punkten das Gesetz sogar restriktiver auslegen können, um der Opposition keine Möglichkeit zur Kritik zu geben. Nachfolgend einige Beispiele.
3 Pflanzen?
Auf diese Idee kamen die Holländer vor 50 Jahren. Heutzutage hätte man eine praktischere Regelung finden können. Wenn man sich mit Homegrowern unterhalten hätte!
Innenanbau:
Da bekanntlich Licht = Gewicht ist, hätte man für den Innenanbau zum Beispiel eine Grenze von 100 Watt einführen können, wodurch Homegrower je nach Können Erträge von knapp über 100 g erzielen könnten. Diese Grower könnten sogar einfach fotografische Dokumentationen ihrer Ernten vorlegen.
Outdooranbau:
Für Outdoor- oder alternativ für Indoor-Anbauflächen Flächenbegrezung einführen können, sodass die anbaubare Fläche nicht mehr als 1 m² überschreiten darf.
25/50g
Meiner Meinung nach sind sowohl 25g für unterwegs als auch 50g für zuhause Zahlen, die nicht gut gewählt sind. 50g für Eigenanbau zuhause sind unrealistisch. Aufgrund der klimatischen Bedingungen zuhause und ohne professionelle Ausrüstung in Form von geschlossenen Systemen gibt es nur im Frühling und Herbst gute Bedingungen, um eine gute Qualität zu erreichen. Daher müsste man je nach Konsum eigentlich einen Vorrat anbauen können. Mit der oben erwähnten Watt-Begrenzung und der Fotodokumentation könnte man der Polizei oder dem Ordnungsamt beweisen, dass der zuhause befindliche Vorrat aus eigener Produktion stammt und für den Eigenkonsum bestimmt ist.
Die erlaubten 25g, die man persönlich bei sich tragen darf, halte ich dagegen für zu viel und stimme der Opposition vollkommen in ihrer Kritik zu. Als langjähriger Genusskonsument bin ich der Meinung, dass man weder 25g pro Tag noch in einem ein- bis zweiwöchigen Urlaub benötigt. Die in unserem Nachbarland Holland vorgegebenen 5g halte ich persönlich für zu wenig, besonders für einen Urlaub, aber 10g wären meiner Ansicht nach ein guter Kompromiss, basierend auf dem Genuss von Cannabis. Medizinische Cannabis-Konsumenten sind sowieso von dieser Regelung ausgeschlossen.
Abstandsregeln
Die Abstandsregeln für Konsumenten sowie für Anbauvereinigungen sind nicht optimal gelöst.
Für Konsumenten hätte die Regelung gemäß §5 Abs. 1 gereicht:
„Der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist verboten.“
Eventuell hätte man hier den Zusatz von „in Sichtweite“ hinzufügen können.
Kleine Übertreibung (bitte nicht Zitieren):
Ich bin zwar kein Mensch, der unterwegs im Gehen konsumiert, aber warum man nicht am Wochenende nachts mit seinem Hund dampfend an einer Schule vorbeilaufen darf, erschließt sich mir nicht.
Bei Anbauvereinigungen in Großstädten oder wie bei uns im Ballungsgebiet ist es fast unmöglich, eine geeignete Immobilie zu finden. Zudem ist nicht klar definiert, welcher Abstand gemeint ist, zum Beispiel welcher Eingang der Grundschule gemeint ist – der vom Gebäude oder vom Grundstück? Bei Anbauvereinigungen ist das überhaupt nicht definiert. Dementsprechend stellt sich die Frage, welcher Abstand gemeint ist: zum Eingang, zum Gebäude oder vielleicht zum Grundstück?
Aus diesen Gründen ist man gezwungen, direkt in ein Industriegebiet zu ziehen. Hier sind die verfügbaren Immobilien leider rar und in der Regel viel zu groß und dementsprechend zu teuer.
Klare Vorgaben
Anbauvereinigungen dürfen sich nicht innerhalb eines Wohngebäudes befinden. Was genau bedeutet das jetzt? Dürfen wir uns nur in Gewerbegebäuden ansiedeln oder sind auch Mischgebäude zulässig? Wäre es beispielsweise möglich, eine Produktionsstätte außerhalb zu betreiben und die Abgabe in einem kleinen Lokal innerhalb eines Mischgebäudes durchzuführen? Hierzu gibt es keine klare Antwort. Ich und viele andere Anbauvereinigungen haben in den letzten Wochen versucht, diese Fragen bei den Behörden zu klären.
Sicherheit
Was bedeutet §11 Abs. 3 P.2
“…gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte…“?
Und was sind
“…einbruchsichere Türen…“?
Warum wurde nicht von vornherein eine Sicherheitsklasse vorgegeben? Da es keine einbruchsicheren Türen gibt, stellt sich die Frage, ob eine normale Eingangstür ausreicht. Wie sieht es mit der Lagerung aus? Ist ein Regal im abgeschlossenen Lager ausreichend oder sollte es einen zusätzlichen Tresor geben? Ist ein Glasbehälter in der Abgabestelle auf einem Regal ausreichend, wenn sich ein Angestellter hinter dem Tresen befindet?
Jugend- und Gesundheitsschutz
Es stellt sich generell die Frage, warum alle Anbauvereinigungen Jugend- und Gesundheitsschutzkonzepte schreiben müssen. Warum gibt man uns nicht klare Vorgaben, was und wie wir diese umsetzen sollen? Derzeit weiß niemand, was diese Konzepte enthalten sollen. Wie weit geht der Tätigkeitsbereich eines Präventions- und Gesundheitsschutzbeauftragten? Soll er oder sie nur Kontrolltätigkeiten ausüben oder auch Beratungen durchführen?
Alle Vorstände deutschlandweit arbeiten an ihren eigenen Konzepten und diskutieren stundenlang, ohne zu wissen, ob das, was wir erarbeiten, letztendlich den Vorstellungen der Behörden entspricht.
Eintragung
Der Weg zu einer eingetragenen Anbauvereinigung ist steinig und lang. Aufgrund der Vorgaben, die das Gesetz uns am 01.04.2024 zur Verfügung gestellt hat, haben wir uns hingesetzt, um eine gesetzestreue Satzung zu schreiben, die das Vereinsrecht und das KCanG vereint. Da es bisher keine vergleichbare Anbauvereinigung gab, existierte auch keine Mustersatzung. Wochenlang wurde innerhalb des Dachverbandes täglich stundenlang diskutiert. Gewisse Punkte, die im Gesetz nicht eindeutig definiert sind, wie z. B. ob die Beitragsordnung in der Satzung enthalten sein muss oder nicht, konnten nicht ausdiskutiert werden, und es haben sich unterschiedliche Lager gebildet. Dies führte schlussendlich zu unzähligen Satzungen, die im Kern jedoch alle gleich sind. Schließlich haben wir uns an die Aussage unseres Rechtsanwalts gehalten und die Satzung so extrem gesetzestreu wie nur möglich geschrieben, um möglichen Schwierigkeiten oder Verzögerungen bei der Genehmigung vorzubeugen.
Trotz unseres konservativen Vorgehens verweigert uns das Duisburger Amtsgericht die Eintragung unserer Satzung. Dies ist jedoch kein Einzelfall, da sich die Behörden deutschlandweit derzeit gegen die Eintragung von Anbauvereinigungen stellen. Unsere Rechtspflegerin beim Amtsgericht ist der Meinung, dass laut dem CanG vor dem 01.07. keine Eintragung unserer Satzung zulässig wäre. Da bereits einige wenige Vereinigungen diesen Schritt erfolgreich vollzogen haben und wir der Meinung sind, dass dies nicht korrekt ist, haben wir Einspruch eingelegt. Wir sind der Ansicht, dass die im CanG enthaltenen Gesetze nicht die Eintragung der Anbauvereinigung betreffen, sondern die Voraussetzungen für die zu beantragende Genehmigung. Dieses Argument wird dadurch gestützt, dass der Antrag auf Genehmigung ab dem 01.07.2024 nur durch eine eingetragene Anbauvereinigung gestellt werden kann. Wie soll das funktionieren?
Am 25.06.2024 haben wir dann vom Amtsgericht eine Antwort auf unseren Einspruch erhalten.
Wie Sie dem beigefügten Dokument entnehmen können, wird vorläufig weiterhin keine Eintragung vorgenommen. Das Amtsgericht bleibt bei der Auffassung, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingetragen werden können, da in unserer Neufassung der Satzung der ausschließliche Zweck der „Produktion und Weitergabe von Cannabis“ enthalten ist.
Es ist jedoch definitiv so, dass der Gesetzgeber mit dem neuen CanG-Gesetz folgendes vorgibt:
§11 Abs. 1 Punkt 2: „Die Erlaubnis darf ausschließlich Anbauvereinigungen erteilt werden.“
§12 Abs. 1 Punkt 5a: „Die Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 ist zu versagen, wenn als Zweck der Anbauvereinigung nicht ausschließlich der gemeinschaftliche Eigenanbau und die Weitergabe des in gemeinschaftlichem Eigenanbau angebauten Cannabis durch und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum, die Information von Mitgliedern über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung sowie die Weitergabe von beim gemeinschaftlichen Eigenanbau gewonnenem Vermehrungsmaterial für den privaten Eigenanbau an ihre Mitglieder, an sonstige Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, oder an andere Anbauvereinigungen vorgesehen ist.“
Ich möchte mich nicht beschweren. Wie zu Beginn erwähnt, bin ich glücklich über das Gesetz, und dem Dokument ist zu entnehmen, dass es seitens des Amtsgerichts keine Mängel an der Satzung gibt und sie voraussichtlich im Juli eingetragen wird. Ich kann nur nicht verstehen, warum es keine bundesweit einheitliche Regelung zur Eintragung gibt. Das Gesetz ist bereits seit dem 01.03.2024 bekannt.
Wir haben uns mit verschiedenen Rechtsanwälten beraten und haben unsere Satzung Ende April unter Einhaltung aller bestehenden Gesetze eingereicht. Ich behaupte, dass ein früherer Zeitpunkt nicht möglich gewesen wäre. Daher stellt sich die Frage, was hätten wir anders machen sollen, damit alles bis zum 01.07.24 zeitlich gepasst hätte?
Aktuelle Situation
Aufgrund der Nicht-Eintragung ergeben sich verschiedene Probleme. Ohne Eintragung wirkt es für potenzielle Bewerber unseriös oder als ob wir „nichts auf die Reihe bekommen“.
Derzeit können wir kein Bankkonto eröffnen, da wir nicht eingetragen sind.
Ohne Eintragung und Vereinskonto gestaltet es sich daher schwierig, neue Mitglieder aufzunehmen. Wie bereits erwähnt, ist bis zum endgültigen Zeitpunkt nicht zu 100% sicher, ob wir wirklich eingetragen werden. Dies könnte zu zeitlichen Problemen führen, falls beispielsweise der Vereinszweck noch einmal geändert werden müsste, da dafür die Zustimmung jedes Mitglieds erforderlich wäre.
Selbst wenn sich ein Vermieter für den Anbau von Cannabis in seinem Gebäude interessieren würde, wäre er zögerlich, einen Mietvertrag mit einem nicht eingetragenen Verein abzuschließen. Derzeit macht es auch keinen Sinn, bereits ein Objekt anzumieten, solange für den Genehmigungsantrag keine Gewissheit besteht.
Genehmigung
Ein konkretes Beispiel ist der Genehmigungsantrag, der ein Führungszeugnis und einen Gewerberegisterauszug erfordert. Die genaue Behörde, an die diese Dokumente gesendet werden sollten, war jedoch in NRW bisher nicht bekannt. Ohne diese Information war eine beantragungsspezifische Einreichung nicht möglich. Zudem benötigen die Behörden mindestens zwei Wochen Bearbeitungszeit. Ein Termin beim Mülheimer Bürgeramt ist derzeit erst Ende August verfügbar, was unseren Zeitplan erheblich verzögern könnte. Daher haben wir unser Führungszeugnis und Gewerberegisterauszug als private Ausführung austellen lassen und hoffen, dass dies für eine vorläufige Genehmigung ausreicht, um die behördenspezifisch ausgestellten Dokumente dann nachreichen zu können.
Wir wissen derzeit in NRW nicht, im Gegensatz zu Schleswig-Holstein, welche Informationen im Genehmigungsantrag überhaupt enthalten sein müssen. Wie im nachfolgenden Video zu sehen ist, scheint unsere NRW-Regierung eine Verzögerungstaktik anzuwenden. Die im Video versprochenen Vorgaben wurden bis heute nicht veröffentlicht.
Aus diesem Grund sehen wir derzeit keine Möglichkeit, unseren Genehmigungsantrag, selbst wenn wir nächste Woche eingetragen werden, einzureichen. Es besteht die Gefahr, dass der eingereichte Antrag abgelehnt wird, weil er möglicherweise nicht ausreichend oder fehlerhaft ist aufgrund neu veröffentlichter Informationen.
Wie kann es sein, dass drei Monate nach Verabschiedung des Gesetzes immer noch keine konkreten Informationen vorliegen und kein Personal bestimmt oder eingestellt wurde? Einige Anbauvereinigungen haben trotz mangelnder Erfahrung in bestimmten Bereichen bereits Konzepte, Webseiten, Datenschutzerklärungen usw. entwickelt, oft neben ihrer regulären Berufstätigkeit.
Zudem empfinden wir es als unangemessen, dass die Anbauvereinigungen bzw. die ersten mutigen Mitglieder die Kosten für die Abteilung übernehmen müssen, obwohl wir uns bereits um Gesundheits- und Jugendschutz kümmern, das Gesundheitssystem durch die Reduzierung von kontaminiertem Gras entlasten, die durch das Gesetz reduzierten Konsum-Straftaten die Polizei entlasten und durch unser kontrolliertes Produkt den Schwarzmarkt zurückdrängen. Zudem generieren die Anbauvereinigungen Steuereinnahmen, die es vorher nicht gab.
Auch finde ich den Vergleich mit der Baugenehmigung unpassend, ähnlich wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Die Baugenehmigung dient einem bestimmten Zweck für wenige. Unser Genehmigungsantrag ist vergleichbar mit dem eines Restaurants, weil wir durch die Bekämpfung des Schwarzmarktes und die erzeugte Mehrwertsteuer zusätzlich einen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Außerdem müssen wir, wenn es sich nicht um ein Gewächshaus oder eine Gärtnerei handelt, ohnehin eine kostspielige Nutzungsänderung beim Bauamt beantragen.
Fazit
Aufgrund der genannten Gründe sehen wir derzeit keine Möglichkeit, unseren Genehmigungsantrag einzureichen, selbst wenn wir nächste Woche eingetragen werden. Die Gefahr ist zu groß, dass der abgegebene Antrag aufgrund neu veröffentlichter Informationen durch die Bezirksregierung, die uns zum Zeitpunkt der Einreichung nicht bekannt waren, abgelehnt wird.
Die Oppositionsparteien, die mit ihrer Haltung „wir machen das Gesetz wieder rückgängig“ auftreten, schaffen kein Vertrauen bei der Bevölkerung. Egal ob bei den Vermietern aufgrund der eventuellen kurzen Mietdauer, bei den Konsumenten, die bald wieder kriminalisiert sein könnten, oder bei potenziellen Mitgliedern, die befürchten, dass ihre persönlichen Daten an die nächste Regierung weitergeleitet werden.
Ich verstehe, dass die Legalisierung ein kontroverses und komplexes Thema ist, aber was ich nicht verstehe, ist die Politik in diesem Zusammenhang. Unabhängig davon, ob das Gesetz gut oder schlecht ist, sollte jedem Politiker klar sein, dass Cannabis täglich in Deutschland konsumiert wird, in Tonnen jedes Jahr. Wie aus den neuen Zahlen des Bundeskriminalamts von 2023 hervorgeht, steigen die beschlagnahmten Mengen jedes Jahr.
Daher kann doch niemand wollen, dass es so weitergeht wie bisher. Es sollte jedem bewusst sein, dass die Alternative darin besteht, dass die „Dealer“ weiterhin viel Geld mit mit synthetischen Cannabinoiden besprühtem Gras verdienen. Oder dass vernünftige Erwachsene ihren Führerschein riskieren, indem sie Gras aus Holland schmuggeln, weil sie es nicht auf dem Schwarzmarkt kaufen möchten.
Kurz gefasst:
Wir brauchen kontrollierte Anbauvereinigungen.
Aber.
Wir brauchen Partner und keine Gegner.
Daniel Lüdeke
1.Vorstandsvorsitzender
Fruity Bloom Club i.G